16.01.2018 \|
Die Stickstoffdioxidbelastung ist in Darmstadt weiterhin sehr hoch. Die
Messstation Hügelstraße zeigte 2017 einen Jahresdurchschnitt von 52,3
µg/m³ – erlaubt sind nur 40 µg/m³. Die Stadtregierung wirkt zunehmend
hilflos. Deshalb hat die SPD-Fraktion heute auf einer Pressekonferenz
einen ambitionierten Plan zur Förderung der Elektromobilität in
Darmstadt vorgestellt. Dieser besteht aus den drei Säulen
E-Infrastruktur, E-Fahrzeuge und E-Bikes und soll einen effektiven
Beitrag zur Luftreinhaltung leisten. „Bei der Luftreinhaltung setzen wir
auf den effektiven Einsatz neuester Technologie“, begründete der
verkehrspolitische Sprecher, Tim Huß, das Konzept.
„Die Darmstädter Luft ist nach wie vor die schmutzigste in ganz Hessen“,
sagte Huß. „Das liegt vor allem an der katastrophalen
Luftreinhaltungspolitik der Stadt. Die große Neuerung im letzten
Luftreinhalteplan war, die Ventilatoren im City-Tunnel umzudrehen. So
soll der Dreck aus dem Tunnelmund herausgeblasen werden, an dem keine
Messstation steht. Das ist hilflos, ideenlos und ambitionslos. Die
Gesundheit der Bevölkerung wird nicht durch Tricksereien bei
Messstationen verbessert, sondern durch eine effektive Reduzierung von
Schadstoffemissionen. Dies gelingt am besten durch einen konsequenten
Umstieg auf Elektromobilität. Mit unserem E-Mobility-Konzept preschen
wir vor und setzen Maßstäbe für die Stadtregierung.“
Der Ausbau der Infrastruktur steht an erster Stelle. Hier muss die Stadt
auf das Henne-Ei-Problem reagieren: Ohne E-Autos keine Ladestationen.
Ohne Ladestationen keine E-Autos. „Wir wollen dort Lademöglichkeiten
schaffen, wo bereits Stromkabel verlegt sind – nämlich an
Straßenlaternen“, sagte Huß. „Laternenladepunkte sind wohnortnah, eignen
sich zum Nachtladen und sind zehnmal günstiger als klassische
Ladestationen. Wir wollen mindestens 100 Laternenladepunkte pro Jahr.“
Das würde 80.000 Euro kosten. 60 Prozent der Ladeinfrastruktur wird vom
Bund gefördert. In einer Kooperation mit der Entega dürfte der Ausbau
sogar profitabel sein. „Wir schlagen ein neues kommunales
Geschäftsmodell vor: Die Restkosten sollen durch den Verkauf von
Entega-Mobilstrom finanziert werden“, so Huß. Darüber hinaus will die
SPD-Fraktion 15 Schnellladestation pro Jahr in Darmstadt bauen, um akute
Bedarfe zu decken.
Die zweite Säule des E-Mobility-Konzepts betrifft die städtische
Fahrzeugflotte, also die städtischen Busse, Dienstwagen und
Carsharing-Autos. Auch hier sind die grün-schwarzen Ambitionen gering.
„Mitten im Diesel-Skandal will die Stadt 2018 sogar nochmal neue
Dieselbusse bestellen“, kritisierte Huß. „Für die 357 Autos des
städtischen Fuhrparks gibt es überhaupt keine Elektrifizierungsziele.
Auch die Carsharing-Flotte setzt umweltschädlich auf
Verbrennungsmotoren.“ Die SPD fordert daher einen sofortigen Kaufstopp
für Dieselfahrzeuge und will ab sofort ausschließlich Elektrovarianten
bestellen. „Autos und Linienbusse sind nach sechs Jahren abgeschrieben“,
erläuterte Huß. „Wenn wir heute anfangen, Umweltretter statt
Umweltsünder zu kaufen, ist die städtische Fahrzeugflotte bis 2024
vollständig elektrifiziert.“ Die Mehrkosten von Fahrzeugen werden mit 40
Prozent, die von E-Bussen sogar mit 80 Prozent vom Bund gefördert. Die
Unterhaltung von E-Autos ist nur halb so teuer.
Die dritte Säule betrifft die derzeit boomenden E-Bikes. „Wir
wiederholen unsere alte Forderung, endlich Radboxen mit
Schnellladefunktion aufzubauen“, sagte Huß. „Außerdem müssen E-Bikes ins
Bikesharing-Angebot integriert und intelligent mit anderen
Verkehrsträgern vernetzt werden. So können Menschen maximal mobil sein.“
Die SPD-Fraktion betonte, dass ihr E-Mobility-Konzept der bisher größte
Baustein der städtischen Luftreinhaltungspolitik sei. Allerdings müssten
weitere Bausteine folgen und auch die Verkehrswende müsse fokussiert
werden. „E-Autos halten die Stadtluft sauber und sind selbst beim
derzeitigen Strommix klimafreundlicher als herkömmliche Autos. Mit dem
Ausbau Erneuerbarer Energien und dem Fortschritt in der Batterietechnik
wird die Klimabilanz noch besser“, sagte Huß. „Gleichzeitig müssen wir
die Radwege ausbauen und moderne Mobilitätskonzepte wie Ridesharing
umsetzen. Grundsätzlich müssen wir offener gegenüber Innovationen sein.“
Denn Huß ist sich sicher: „Das Klima- und Luftproblem kann nur mit
neuester Technologie gelöst werden!“