Michael Siebel: Es ist unsere Aufgabe, die Verwaltung zu kontrollieren – SPD-Fraktion fordert parlamentarische Kommission zur Haushaltskonsolidierung

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23.03.2018 \|
„Versuchte Volksverdummung“ ist für Michael Siebel,
SPD-Fraktionssprecher, die Reaktion der Stadt auf den Bericht des
Statistischen Bundesamtes. Danach ist die Wissenschaftsstadt die am
höchsten verschuldete, kreisfreie Stadt in ganz Deutschland. Die
verantwortliche grün-schwarze Stadtregierung hatte die Statistik
zunächst als „kaum“ aussagekräftig zurückgewiesen, das miserable
Ergebnis dann als „politisch gewollt“ verteidigt und ernsthaft als „gute
Nachricht für die Bürger und Bürgerinnen“ verkauft.

Frankfurt ist Spitzenreiter bei Erneuerbaren Energien, Berlin bei
sauberer Luft, Münster bei Fahrradfreundlichkeit, München bei
Zukunftsfähigkeit, Hamburg bei umweltfreundlichen Berufspendlern  – und
Darmstadt? Darmstadt ist Spitzenreiter bei der Verschuldung, „weil es
die grün-schwarze Stadtregierung nach eigenem Bekunden so will und
offenbar auch noch stolz auf ihre Misswirtschaft ist“, erläutert Siebel.

Durch die aktuellen Städterankings sieht die SPD-Fraktion ihre Kritik
bestätigt. „Ausgerechnet eine Grün-geführte Stadtregierung hat keine
Konzepte für Umweltschutz und klimafreundlichen Verkehr. Da steht sie
den Herausforderungen hilflos gegenüber und wird von anderen Städten in
den Schatten gestellt“, sagt Siebel. Dass Darmstadt aber bei den
Schulden im Rampenlicht steht, überrascht ihn nicht. „Wir kritisieren
schon lange, dass ein echter Sparwille nicht erkennbar ist. Die
Untersuchung des Statistischen Bundesamts bestätigt das.“

Das einzig verwunderliche daran ist für Siebel die Reaktion aus dem
Rathaus. „Es ist schon abenteuerlich, dieser Statistik den Stempel ‚kaum
Aussagekraft‘ aufzudrücken, und das mit dem Argument, es seien auch die
Schulden der städtischen Beteiligungen erfasst worden“, meint der
SPD-Fraktionssprecher. Folgerichtig habe das Statistische Bundesamt
daraufhin klargestellt, dass die Berechnungsgrundlage für alle Städte
gleich sei und „unsere Statistik daher sehr wohl Aussagekraft über die
finanzielle Leistungsfähigkeit Darmstadts hat“, so das Zitat im
Darmstädter Echo. Siebel hierzu: „Wer hier trickst, das ist doch nicht
das Statistische Bundesamt, sondern die grün-schwarze Stadtregierung.
Schulden, die bei jeder anderen Stadt miteingerechnet werden, sollen
hier unbeachtet bleiben. Das nenn ich Chuzpe.“

Nachdem dieser Versuch, die Untersuchung zu diskreditieren, durch die
Intervention des Statistischen Bundesamtes scheiterte, folgte zehn Tage
später eine Presseerklärung aus dem Rathaus. Nun wurde ein anderer Weg
eingeschlagen. Die Schulden seien in Wahrheit Investitionen in die
Daseinsvorsorge hieß es darin, „zum Nutzen der Bürgerinnen und Bürger“.
„Aber auch andere Städte betreiben kommunale Daseinsvorsorge“, hält
Siebel dem entgegen. „Es ist doch lächerlich, so zu tun, als seien die
enormen Schulden zwingende Voraussetzung dafür, unsere zivilisatorischen
Errungenschaften beizubehalten. Als ob wir hier in die Steinzeit zurück
fielen, wenn wir sparen würden.“ Zudem gibt Siebel zu bedenken, dass zur
Daseinsvorsorge unter anderem intakte Straßen und Schulen gehören. Wie
sieht es damit aus in Darmstadt? „Rund 35 Prozent unserer
Hauptverkehrsstraßen sind verrottet, weitere 18 Prozent sind auf dem
besten Weg dahin. Und Besucher der Wilhelm-Hauff-Schule kamen sich dem
Darmstädter Echo zufolge dort jüngst vor, ‚wie in einem
Entwicklungsland‘.“

Angesichts der Untersuchung des Statistischen Bundesamtes, „die ich im
Gegensatz zur grün-schwarzen Stadtregierung sehr ernst nehme“, fordert
Siebel die Einrichtung einer Magistrats-Kommission zur Konsolidierung
des Haushalts, und zwar unter Beteiligung aller im Stadtparlament
vertretenen Fraktionen. Siebel: „Die Sanierung unserer Finanzen darf
nicht hinter dem Rücken der politisch Verantwortlichen laufen. Politisch
verantwortlich sind aber wir Parlamentarier. Es ist unsere gesetzliche
Aufgabe, die Verwaltung zu kontrollieren. So ist es in der Hessischen
Gemeindeordnung festgeschrieben, die im Übrigen auch in Darmstadt gilt.
Selbst dann, wenn die grün-schwarze Stadtregierung auch diese als ‚kaum
aussagekräftig‘ ansehen sollte.“