05.02.2018 \|
5. Februar, Staatsarchiv: SPD-Fraktion lädt zu Veranstaltung über
Rechtspopulismus ein
Die AfD ist angekommen in unseren Parlamenten: Zuerst in den Ländern,
dann in den Kommunen – auch in Darmstadt – und zuletzt im Bund. Es gibt
einen weiteren, relativ neuen, Akteur auf der politischen Bühne. Und
einen ganz speziellen obendrein. Und nun?, fragen sich viele. Die
SPD-Fraktion will darauf Antworten geben. „Entzaubern wir die AfD!“, so
der Titel der Veranstaltung, zu der sie am Montag, 5. Februar, ab 19
Uhr, in den Karolinensaal des Staatsarchivs einlädt. Der Eintritt ist
frei.
Verunsicherung macht sich breit in Deutschland. Der richtige Umgang mit
der AfD wird diskutiert – bis hin zu der Kritik an der Frage nach diesem
„richtigen Umgang“. „Als ob es sich um eine Art Tanzschulveranstaltung
handeln würde und nicht um die Demokratie, wo harte Auseinandersetzungen
der Alltag sind und Höflichkeit nur manchmal hilft“, schrieb etwa Georg
Dietz in seiner Kolumne auf „Spiegel online“.
Bei aller Zwistigkeit der Kommentatoren herrscht doch Einigkeit in einem
Punkt, nämlich der grundsätzlichen Einschätzung der AfD. Sie ist eben
keine normale Partei. „Die Tatsache, dass eine Partei demokratisch
gewählt wurde, beweist noch lange nicht, dass sie auch demokratisch
ist“, meinte der Publizist und Moderator Michel Friedman in der
„Allgemeine Zeitung“. Eine „bisweilen offene rechtsradikale Rhetorik“
attestierte unter anderem Nils Markwardt dem Spitzenpersonal der AfD auf
„Zeit online“. Das einhellige Credo: Das Schaffen der AfD ist auf die
Abschaffung der liberalen Demokratie und letztlich aller anderen
Parteien gerichtet, wie Sascha Lobo auf „Spiegel online“
zusammenfasste.
Doch gilt das auch für die AfD-Fraktion Darmstadt? SPD-Fraktionssprecher
Michael Siebel schätzt sie nicht als rechtsradikal, wohl aber als
populistisch ein. „Sie greifen Themen auf wie die
Flüchtlingsunterbringung und die Kosten hierfür. Sie versuchen aber auch
andere Themen zu behandeln, etwa die Vertikalbegrünung.“ Doch auch in
Darmstadt stellt sich für Siebel die Frage, wie sich die anderen
Fraktionen dazu verhalten sollen.
„Die Auseinandersetzung mit Rechtspopulismus und Fremdenhass ist nun in
den Plenarsälen angekommen“, stellt Fedor Ruhose, Geschäftsführer der
SPD-Fraktion im Landtag Rheinland-Pfalz, fest. Für diese
Auseinandersetzung gilt er als Experte. Deshalb hat ihn die Darmstädter
SPD-Fraktion als Gastreferenten für ihre Veranstaltung „Entzaubern wir
die AfD!“ eingeladen.
Die allgemeine Verunsicherung führt er auf zwei Gründe zurück: Erstmalig
seit Bestehen der Bundesrepublik gebe es im Bundestag nun eine
„rechtspopulistische Fraktion“. Und: „Die kalkulierte Provokation ihres
Personals sowie die regelmäßige Selbstdarstellung als Opfer der
‚Altparteien‘ erschweren eine Auseinandersetzung im Rahmen der bisher
praktizierten politischen Mechanismen“, so Ruhose.
Soweit die Analyse. Was aber heißt das für den politischen Alltag? Die
Einen mahnen dazu, die AfD endlich ernst zu nehmen und sich zu empören.
Die anderen warnen gerade vor dieser Empörung und mahnen, sie zu
unterlassen, weil die AfD nur Energie daraus ziehe. Indes reden die
Dritten mit Blick auf andere Länder der Gelassenheit das Wort.
Ruhose lässt sich in keines dieser Lager verorten. Sein Rat: „Um der AfD
mit Haltung zu begegnen und ihr nicht ungewollt in die Hände zu spielen,
sollten Fraktionen und Abgeordnete die neue Herausforderung mit Bedacht
und Umsicht angehen.“ Wie das konkret aussieht, hierüber wird er
kommenden Montag sprechen. Bei seinen Empfehlungen greift er zurück auf
seinen beruflichen Erfahrungsschatz und seine bundesweite Analyse der
AfD für die Berliner Denkwerkstatt „Das Progressive Zentrum“.
Das Publikum darf also neue Strategien erwarten, die der
SPD-Stadtverordnete Tim Huß, der die Veranstaltung moderieren wird, für
dringend nötig hält. Denn „im Umgang mit Rechtspopulismus helfen weder
blinde Wut, noch stumme Ignoranz.“