Lehmann: Das ist ja sogar noch schlimmer, als befürchtet – SPD-Fraktion auf der Suche nach dem „Nachdruck“ der Stadt beim Solar-Ausbau

Christina Fischer

Als „ambitionslos“ kritisiert Phil Lehmann, umweltpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion, die Ankündigung des Oberbürgermeisters, bis zum Jahr 2025 mit „Nachdruck“ acht weitere Solaranlagen umsetzen zu wollen. „Das ist ja sogar noch schlimmer, als befürchtet. Höchste Priorität fürs Klima sieht nun wirklich anders aus.“ Ihn bestätigt das in seiner Forderung nach deutlich mehr Tempo beim Solarausbau.

„So kann das in Darmstadt nicht weitergehen“, betitelte Lehmann seine gestrige Pressemitteilung, in der er die Stadt für ihr Schneckentempo beim Solar-Ausbau kritisierte und mehr Eile forderte. Sehr eilig hat die Stadt dann auch reagiert und ihrerseits eine Pressemitteilung veröffentlicht, in der der Oberbürgermeister seine erwähnte Ankündigung macht. Hierzu Lehmann: „Das Tempo, dass die Stadt beim Schreiben von Pressetexten an den Tag legt, ist beeindruckend. Angebracht wäre es, wenn sie beim Solar-Ausbau ebenso schnell wären.“ Aber das Gegenteil sei der Fall. Lediglich acht neue Solaranlagen innerhalb von knapp vier Jahren in ganz Darmstadt – mit seinen über 160.000 Einwohner*innen und unzähligen Verwaltungsgebäuden – eine solche Ankündigung ist für Lehmann kein Ruhmesblatt, sondern beschämend.

Acht weitere Solaranlagen in vier Jahren, das bedeutet einen Zubau von 710 kWp. Heruntergebrochen bleibt ein Durchschnitt von 177 kWp pro Jahr. Zum Vergleich schaut Lehmann auf das Jahr 2009 zurück, für ihn ein gutes Jahr für Erneuerbare Energien auf städtischen Gebäuden. Damals regierte noch die SPD, die 249 kWp realisierte. „Das ist deutlich mehr als die 177 kWp, die jetzt pro Jahr geplant sind. Und das, obwohl die Anlagen sich seither stark weiterentwickelt haben und der Handlungsdruck durch die Klimakrise noch nie so präsent gewesen ist wie heute“, gibt Lehmann zu bedenken.

Angesichts dessen fragt sich Lehmann, worauf sich der „Nachdruck“ des Oberbürgermeisters bezieht. Auf den Solar-Ausbau womöglich? Das hält Lehmann für unwahrscheinlich. Denn nicht nur im Vergleich zu früher stehe die Stadt schlecht da. Auch die aktuellen Planungen seien erschreckend. „Was der Magistrat in den nächsten knapp vier Jahren insgesamt plant, also die  710 kWp, ist gerade mal die Hälfte von den  1.500 kWp Leistung, die laut Entega allein bei einem Umbau des Daches vom Berufsschulzentrum Nord möglich gewesen wären.“ Doch hier hat sich die Stadt für eine Minianlage mit 18 kWp entschieden. Warum bleibt die Stadt hier derart eklatant hinter den möglichen Kapazitäten?

Die Verweise zunächst auf Brandschutz und nun auf eine nicht näher definierte Menge an Grauer Energie kann Lehmann nicht nachvollziehen. „Es ist allgemein bekannt, dass sich  Solaranlagen rentieren. Nicht nur von den Kosten.  Es ist derzeit sogar die günstigste Energieform“, sagt Lehmann. Auch auf der Seite der Ressourcen sei die Bilanz gut. Steht kein Sonnenstrom zur Verfügung wären die Alternativen im Strommix schmutziger Kohle- und Atomstrom, wie Lehmann zu bedenken gibt.

Dass der Oberbürgermeister bei den Grauen Energien im Gegensatz zu den sehr konkreten Ausbauplänen gar keine Zahlen offenbart, irritiert ihn. Zudem beantwortet es nicht die Frage, warum sich auf dem Dach des komplett neu gebauten Mensa-Gebäudes derzeit keine einzige Solar-Anlage befindet, „was von der Stadt erneut unter den Tisch fallen gelassen wird.“ Dort hätte 100 Prozent Solar von Anfang an mitgeplant werden können und müssen, meint Lehmann. „Hier bleibt der Magistrat hinter den selbst beschlossenen Standards zurück. Der Nachdruck ist auch hier nicht zu finden.“

Irritiert zeigt sich die SPD-Fraktion auch davon, dass lediglich Schulen als Ziel von Solar-Anlagen vom Magistrats genannt werden. Die städtische Tochter Bauverein AG, der nach eigener Aussage „größte Immobiliendienstleister in Südhessen“ mit 16.500 Wohnungen, müsse doch eine maßgebliche Säule in der Solar-Strategie der Stadt spielen. „Dass die bauverein AG in den Ausführungen des Oberbürgermeisters nicht genannt wird, lässt zwar nicht hoffen, dass wir hier den gesuchten Nachdruck finden werden. Aber wir geben nicht auf. Wir stellen zur Stunde zwei Anfragen an den Magistrat- eine zur nicht näher definierten Grauen Energie beim Berufsschulzentrum und eine zum Stand der Energiewende bei der städtischen Bauverein AG. Wir lassen hier nicht locker.“


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