13.11.2017 \|
*SPD, Linke, FDP und Uwiga: Kapazitäten und Fahrgastzahlen frei erfunden
– Expressbusse sind effektiver, günstiger, flexibler und schneller
einzusetzen*
Die demokratischen Oppositionsfraktionen kritisieren scharf die
gutachterliche Stellungnahme zur Lichtwiesenbahn, welche von der PTV
Transport Consult GmbH in Karlsruhe durchgeführt wurde. Das
19-Seiten-Papier ist voller handwerklicher Fehler, falscher Zahlen und
fragwürdiger Interpretationen. Vor allem die wichtigsten Kennzahlen –
Kapazitäten von Bussen und Bahnen sowie die Prognose der Fahrtgastzahlen
– sind schlicht falsch. Die Opposition fordert Grün-Schwarz auf, endlich
Expressbusse einzuführen und das Prestigeprojekt Lichtwiesenbahn zu
beenden.
„Dieses ‚Gutachten‘ ist eine Verschwendung von öffentlichen Geldern und
das Papier nicht wert, auf dem es geschrieben ist“, sagen die
verkehrspolitischen Sprecher Tim Huß (SPD), Martina Hübscher-Paul (Die
Linke), Dr. Ursula Blaum (FDP) und Erich Bauer (Uwiga). „Methode und
Resultat sind völlig unwissenschaftlich und bauen auf komplett falschen
Zahlen auf. So liefert das ‚Gutachten‘ nur bestellte Ergebnisse.
Grün-Schwarz will lediglich ihr ungeliebtes Prestigeprojekt
durchdrücken.“
Die Willkür beginnt bereits bei der Kapazitätsberechnung. „Die zugrunde
gelegten Kapazitäten der Busse und Bahnen in Darmstadt sind frei
erfunden“, sagen Huß, Hübscher-Paul, Blaum und Bauer. „Laut dem
‚Gutachten‘ seien Expressbusse nicht geeignet, da Standardbusse in
Spitzenzeiten lediglich 70 Personen und Gelenkbusse nur 100 Personen
befördern könnten. Die Darmstädter Standardbusse sind aber für 100
Personen, die Gelenkbusse für 150 Personen und die Großraumfahrzeuge gar
für 174 Personen ausgelegt.“ (Angaben: Heag Mobilo)
Nicht nur die städtischen Busse werden künstlich verkleinert, sondern
auch die Straßenbahnen künstlich vergrößert. „Die ‚Gutachter‘ legen eine
Straßenbahnkapazität von 259 Plätzen zugrunde, obwohl die neu bestellten
Bahnen der Heag Mobilo nur 230 Personen aufnehmen dürfen. Auch hier gibt
es vergleichbare Alternativen: Moderne Elektrobusse können bis zu 210
Personen transportieren und haben ein annährend großes Potential“, so
die Oppositionsvertreter.
Die erwartete Nachfrage hat ebenfalls nichts mit der Darmstädter
Realität zu tun. „Die genutzten Fahrgastzahlen sind abenteuerlich“,
sagen die Sprecher der Fraktionen. „Angeblich fahren 6.000 Menschen am
Tag zum Campus. Tatsächlich bezieht sich diese Zahl lediglich auf die
145 Tage, an denen Studienveranstaltungen stattfinden. An 220 Tagen
finden keine Vorlesungen und Seminare statt. Hier ist der Bedarf
nachweislich geringer.“
Noch absurder ist die Prognose der Fahrgastzahlen: „Stadt und Heag
Mobilo erwarten einen Anstieg von 6.000 auf 8.700 Fahrgäste bis 2020 –
obwohl die Zahl der Studierenden am Campus Lichtwiese nicht mehr wachsen
wird. Stattdessen werden 80 % des überhöhten Nettonutzens dadurch
begründet, dass Menschen angeblich vom Auto zum ÖPNV umsteigen, wenn die
Lichtwiesenbahn gebaut wird“, sagen Huß, Hübscher-Paul, Blaum und Bauer.
„Nur durch die unrealistische Hochrechnung der PKW-Umsteiger ergibt sich
ein Nutzen in der Kosten-Nutzen-Rechnung. So rechnet sich die Stadt das
gesamte Projekt schön.“
Die demokratische Opposition macht noch auf eine Reihe weiterer Fehler
aufmerksam. „Das ‚Gutachten‘ befürchtet leere Busse, während die Studis
in den Seminaren sitzen – leere Straßenbahnen befürchtet es dagegen
nicht. Allerdings ist unsere Expressbusidee auf den Vorlesungsplan
abgestimmt, während die Lichtwiesenbahn stur im 7,5-Minuten-Takt eine
Leerfahrt nach der nächsten durchführen wird“, sagen die
Oppositionsvertreter. Auch wird die Lichtwiesenbahn nicht den
Luisenplatz entlasten: „Statt alle Studierenden über den Luisenplatz zu
führen, brauchen wir eine Direktverbindung vom Hauptbahnhof zur
Lichtwiese bei Umfahrung der Innenstadt. Das gelingt lediglich durch die
Weiterführung der S-Bahn zum Bahnhof Lichtwiese oder durch eine
Expresslinie, welche den Luisenplatz umfährt.“
Weiter verweisen die verkehrspolitischen Sprecher auf die geringe
Popularität des Projekts: „Wer will eigentlich das teure Prestigeprojekt
auf der Lichtwiese? Im Woogsviertel ist der Bau extrem unbeliebt und bei
einer Demonstration für die Lichtwiesenbahn kamen weniger als 20
Studierende. Mit Blick auf den Schuldenberg können wir uns solche
unsinnigen Projekte nicht leisten. Ein unseriöses ‚Gutachten‘, das der
Bauherr Heag Mobilo zur Rechtfertigung des eigenen Bauvorhabens
beauftragt, hilft dabei ebenso wenig weiter.“
Die demokratische Opposition ist sich einig, dass alle Zahlen, Daten und
Fakten eine flexible und in Zukunft anpassbare Expressbuslösung
einfordern. „Wir können zeitnah und kostengünstig die TU-Campusse
effektiv vernetzen und gleichzeitig das Woogsviertel entlasten“, sagen
Huß, Hübscher-Paul, Blaum und Bauer. „Warum wurde die vielversprechende
Expressbusvariante nicht einmal ausprobiert? Die Stadt muss die
Lichtwiesenbahn jetzt endgültig beerdigen und stattdessen Expressbusse
einführen. Bis Straßenbahnen tatsächlich fahren, wird es noch Jahre
dauern. Mit Expressbussen könnten wir schon zum Sommersemester 2018 eine
leistungsstarke Campuslinie eröffnen und die K-Linie entlasten. Das wäre
für alle Beteiligten das Beste!“