Michael Siebel (SPD): Wohnungsbau in Darmstadt muss beschleunigt werden

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04.04.2018 \|
Für eine deutliche Beschleunigung des Wohnungsbaus in Darmstadt spricht
sich SPD-Fraktionschef Michael Siebel aus. „Bei den 7.000 Wohnungen, die
angeblich im Bau sind, handelt es sich um Luftschlösser. Davon werden
bis 2020 höchstens 4.000 fertig sein. Deshalb muss der Wohnungsbau
beschleunigt werden“, sagte Siebel heute der Presse. „Angesichts unserer
angespannten Lage können wir es uns nicht leisten, dass Bauvorhaben in
einer Endlosschleife der Verhandlungen um die Grundstücksverkäufe
zwischen Stadt und Bund verzögert oder gar gänzlich zerrieben werden.
Dem müssen wir entgegen steuern“, erläuterte Oliver Lott, baupolitischer
Sprecher der SPD-Fraktion.

„Wenn wir gemeinsam mit Hochdruck an Lösungen arbeiten, ist das Ziel,
10.000 Wohnungen zu bauen, zu realisieren“, ist sich Siebel sicher.
„Darmstadt ist attraktiv. Wir gehören zur Metropolregion Rhein-Main in
unmittelbarer Nähe zu wichtigen Verkehrsknotenpunkten. Deshalb brauchen
wir bedarfsgerechten Wohnraum“. So weit, so gut. Doch wo sollen die
dringend benötigten Wohnungen aus dem Boden gestampft werden? Darmstadt
kann sich nicht weiter ausdehnen. Dem Wachstum in der Fläche sind
Grenzen gesetzt: Im Norden durch die Fluglärmzone und die
Seveso-Richtlinie, im Osten und Süden durch den Naturschutz und im
Westen durch die Autobahnen und Bahntrassen. Ein Blick auf das
Stadtgebiet führt vor Augen, das einzig die ehemaligen Kasernengelände
Entwicklungschancen bieten. Nur dort könnten weitere Wohnquartiere
entstehen.

Das zweifelt in Darmstadt niemand an – und dennoch geht es nicht voran.
Zwar bemüht sich die Stadt, die Grundstücke der Cambrai-Fritsch-Kaserne,
der Jefferon-Siedlung und der Starkenburg-Kaserne zu erwerben, doch die
Bemühungen bleiben ohne Resultate. Bei der Cambrai-Fritsch-Kaserne und
der Jefferon-Siedlung scheitert es an den Preisvorstellungen der
Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA), die deutlich über dem
aktuellen Bodenpreis für das Gelände liegen; bei der Starkenburg-Kaserne
an der mangelnden Bereitschaft des Verteidigungsministeriums, die
dortige Panzerwerkstatt umzusiedeln und das Grundstück zu verkaufen. 

Die SPD-Fraktion will diese Konflikte jetzt lösen. „Die überteuerten
Preisvorstellungen der BImA sind zwar enttäuschend, denn es zeigt, dass
die Bundesanstalt allein erlösorientiert vorgeht und die Interessen und
Notwendigkeiten der Kommunen ignoriert“, sagte Lott. Doch gegen diese
Kommunenfeindlichkeit sei ein Mittel gewachsen. „Städtebauliche
Entwicklungsmaßnahme“ nennt sich dieses Mittel und findet sich im
Baugesetzbuch.

Hiermit gibt der Gesetzgeber den Kommunen eine sehr starke Waffe an die
Hand: Ist dringend benötigter Wohnungsbau an anderer Stelle nicht
möglich, so droht dem Eigentümer des dafür infrage kommenden Grundstücks
Enteignung – es sei denn, er verkauft an die Kommune. Bei der
Preisgestaltung zählen dann jedoch nicht seine Vorstellungen, sondern
die Vorgaben des Gesetzes. Und das schreibt den Verkehrswert vom Tag des
so genannten Einleitungsbeschlusses vor, also des Beschlusses, mit dem
die Stadtverordnetenversammlung die „städtebauliche
Entwicklungsmaßnahme“ startet. Einen entsprechenden Antrag hat die
SPD-Fraktion bereits am 5. Februar eingereicht. Bei den vergangenen
beiden Stadtverordnetenversammlungen wurde er jedoch aus Zeitgründen
nicht mehr verhandelt.

Lott: „Wir können natürlich nicht vorhersagen, ob wir mit einer
städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme für die Flächen er
Cambrai-Fritsch-Kaserne und der Jefferson-Siedlung erfolgreich sein
werden. Das Verfahren ist sehr schwierig. Aber genau für solche Fälle
hat der Gesetzgeber die Möglichkeit geschaffen. Sie nicht zu nutzen,
weil es sein könnte, dass es misslingt, wäre ein Vergehen an unseren
Bürgern. Ihnen sind wir verpflichtet, es wenigstens zu versuchen.“

Bei der Starkenburg-Kaserne ist das Problem ein anderes.  Siebel: „Hier
könnte ein neuer Stadtteil mit hervorragender Anbindung an den
Hauptbahnhof und die Autobahn entstehen. Es gibt keine
Siedlungsbeschränkungen und keine Altlasten. Der einzige
Hinderungsgrund, dort Wohnraum zu schaffen, ist die
Heeresinstandhaltungslogistik (HIL), die dort 41 zivile und 171
Bundeswehrangehörige beschäftigt, die Panzer warten.“ Doch nach jetzigem
Kenntnisstand ist das Verteidigungsministerium nicht bereit, diese
Panzerwerkstatt umzusiedeln und blockiert damit eine Entwicklung der
Stadt. „Uns liegt mittlerweile die Antwort des Ministeriums vor. Darin
wird zuerst einmal aufgeklärt, wann der Oberbürgermeister mit Vertretern
des Ministeriums gesprochen hat. Es wird uns aber auch nur wenig
Hoffnung gemacht, dass dort eine Entwicklung möglich ist. Deshalb habe
ich dem Oberbürgermeister eine konzertierte Aktion aller großen im
Stadtparlament vertretenen Parteien vorgeschlagen, um gemeinsam mit dem
Magistrat unseren Einfluss auf die Bundesregierung geltend zu machen“,
erläuterte Siebel.

Konkret schlägt die SPD vor, das Mittel der Konzeptvergabe in Anspruch
zu nehmen. Hierbei werden Grundstücke nach inhaltlichen Konzepten
vergeben. Bieterwettbewerbe und damit Preisexplosionen werden
ausgeschlossen durch einen gutachterlich festgelegten Festpreis.
Weiterhin können Vorgaben des Grundstückeigentümers
gemeinwirtschaftliche Ziele festlegen. Diese können breit gefächert
sein. „Zum Konzept kann auch gehören, bei der Strakenburg-Kaserne eine
Verlagerung der HIL vorzunehmen. Da liegt der Hebel für uns. In den
Festpreis müssten die Verlagerungskosten eingepreist werden“, erläutert
Siebel die Möglichkeiten der Konzeptvergabe.

Die SPD möchte gerne mit dem Bundesverteidigungsministerium und der BIMA
über eine solche Konzeptvergabe sprechen. „Das ist der Inhalt unseres
Angebots an den Magistrat und den Oberbürgermeister. Wenn wir alle an
einem Strang ziehen, kann das Gelingen.“

Schließlich fordert die SPD, dass alle Grundstücke bebaut werden, für
die Baurecht besteht, so etwa in Eberstadt-Süd.  „Dort gibt es ein
Grundstück im Besitz des Bauvereins, auf dem sofort ein großer Neubau
entstehen könnte“, meinte Siebel. „Der Wohnungsbau ist ein so ernstes
Thema und eine so große Herausforderung, dass es sich verbietet, daraus
nur eine Schauveranstaltung zu machen“, betonte der
SPD-Fraktionssprecher abschließend.