Große Anfrage der SPD-Fraktion offenbart enges Zusammenspiel zwischen Stadt und „La
Mina“
Die Antwort auf die große Anfrage der SPD-Fraktion zu der Geschäftsbeziehung zwischen „La
Mina“ und der Wissenschaftsstadt Darmstadt belegt, dass es über viele Jahre hinweg eine
intensive Zusammenarbeit zwischen der Kommunikationsagentur und der Stadt gegeben
hat. Doch auch jetzt bleiben Fragen offen, zum Beispiel welche Vergabeverfahren der
Beauftragung zugrunde lagen.
Nachdem fast ein Jahr vergangen ist, liegt jetzt die Beantwortung der großen Anfrage zu „La
Mina“ vor. Die SPD-Fraktion hatte in Ausführung ihrer Kontrollfunktion gegenüber dem
Magistrat nach § 50 Hessische Gemeindeordnung die große Anfrage gestellt.
Hintergrund war die Aussage des Grünen Parteisprechers Heiko Depner bei seiner Wahl im
April 2024, dass er als Geschäftsführer der Marketingagentur „La Mina“ viele Projekt der
Stadt und stadteigener Gesellschaften betreut.
Juristische Schritte verzögern die Beantwortung
Der ungewöhnlich lange Beantwortungszeitraum war zustande gekommen, weil die „La
Mina GmbH“ zwei Monate nach der Einreichung der großen Anfrage juristische Schritte
gegen die Beantwortung von zwei Fragen eingeleitet hatte, in der Befürchtung, Betriebs-
und Geschäftsgeheimnisse würden dadurch berührt. Beklagt wurde der Magistrat.
„Das fanden wir schon merkwürdig, weil die SPD-Fraktion ja die Fragen gestellt hatte, nicht
der Magistrat. Wir hatten deshalb beantragt, dem Klageverfahren beigeladen zu werden.
Dies räumte das Gericht ein. Das Gericht hat das Ansinnen der Agentur mit Beschluss vom 10. Dezember 2024 zurückgewiesen. Anfrage und Antwort sind somit rechtswirksam“, sagte
der SPD-Fraktionsvorsitzende Michael Siebel.
Aber noch ein zweiter Grund verzögerte offensichtlich die Beantwortung der Fragen der SPD-
Fraktion. Dazu führt der Magistrat in den Vorbemerkungen seiner Antwort aus: „..hat sich die
Beantwortung der Fragen auch deshalb erheblich verzögert, da die Aktenlage in einigen
Fachämtern unübersichtlich war und sich daraus resultierende Recherchen als sehr
zeitaufwendig erwiesen haben“.
Diese Aussage ist nach Auffassung der SPD-Fraktion bedenklich, da der Eindruck entstehen
könnte, als seien Ausschreibungen und Vergaben an „La Mina“ nicht in allen Fällen
ordnungsgemäß vollzogen worden seien.
Undurchsichtige Auftragsvergabe
So können, Stand heute, die durchgeführten Vergabeverfahren, insbesondere im Amt für
Vielfalt, nicht benannt werden. Hier wurde mit Abstand das größte Auftragsvolumen
vergeben. Größte Einzelprojekte waren die Kampagnen „Weltoffenes Darmstadt“ und
„Kampagne Asyl“ der Flüchtlingsbeauftragten mit einem Gesamtvolumen von 716.347 €.
Zu Beginn gab es eine Ausschreibung im Umfang von 95.000 €. Der Zuschlag für La Mina
erfolgte durch die Flüchtlingsbeauftragte. Später war das Projekt im Amt für Vielfalt verortet
und lief bis 2024. Erst dann wurde die Zusammenarbeit beendet. Die von La Mina gestaltet
Homepage „Weltoffenes Darmstadt“, für die jährliche Haushaltsmittel in Höhe von 70.000 €
eingestellt wurden, wurde dann durch die Einführung der deutschlandweit im Einsatz
befindlichen App Integreat (Kosten 20.000 €) abgelöst.
Die jährliche Beauftragung erfolgte laut Aussage des Amtes durch den Fachdezernenten, in
diesem Fall Oberbürgermeister a.D. Jochen Partsch. Auch „La Mina“ gibt an, der Auftrag sei
durch den damaligen Oberbürgermeister erfolgt.
Ein Referenzschreiben für „La Mina“ von Oberbürgermeister a. D. Jochen Partsch vom 14. Juni
2023, neun Tage vor Ende seiner Amtszeit, belegt, dass die Zusammenarbeit zwischen „La
Mina“ bereits ein Jahr nach deren Gründung 2013, also ab 2014, sehr intensiv war. Zumindest
befremdlich ist der Zeitpunkt, an dem das Referenzschreiben verfasst wurde. Auch wenn es
nicht ungewöhnlich ist, in einem solchen Schreiben die Zusammenarbeit mit einem
Dienstleister zu loben.
Immerhin wurden in diesem Zeitraum 44 Aufträge mit einem Gesamtvolumen von 875.667 €.
Erteilt. Nimmt man noch die Aufträge der Stadtwirtschaft, namentlich der Digitalstadt
Darmstadt GmbH, des Darmstadt Marketing, des Klinikums Darmstadt und des EAD dazu,
erhöht sich das Auftragsvolumen um weitere 1.222.688 € auf mehr als insgesamt 2 Mio. €.
Befremdlich auch, dass städtische Gesellschaften, wie die DSG, als Referenzkunden auf der
Homepage von „La Mina“ genannt werden, es aber dazu keine Zahlen zu Beauftragung und
Vergabeverfahren gibt. Daraus ergeben sich weitere Fragen, die beantwortet werden
müssen.
Auch Art und Umfang der zum Ausdruck kommenden Wertschätzung für „La Mina“ gehen
über ein geschäftliches Referenzschreiben hinaus. Besonders wenn die Agentur für ihre
Arbeit gelobt wird mit den Worten sie habe „die solidarischen Werte unserer
Stadtgesellschaft eindrucksvoll in den Vordergrund gestellt.“ Solche Empfehlungsschreiben
sind schon manch anderem Politiker zum Verhängnis geworden.
Bemerkenswert auch die Information, dass zu Aufträgen der Entega AG, bzw. deren
Tochtergesellschaften „aufgrund vertraglich geregelter Vertrauensvereinbarungen keine
Angaben“ vorliegen, obwohl die COUNT+CARE auf der Internetseite von La Mina als
Referenzkunde für die Erstellung eines Webauftritts geführt wird.
„Unsere große Anfrage hat gezeigt, dass es erhebliche Verknüpfungen zwischen dem
Magistrat und Teilen der Stadtwirtschaft gegeben hat. Dies ist aus einem wirtschaftlichen
Interesse nicht verwerflich.
Es ist aber zu hinterfragen, ob hier tatsächlich immer die Vergaberichtlinien korrekt
angewandt wurden. Gerade dem Magistrat muss daran gelegen sein, dass nicht der Eindruck
entsteht, man habe Parteifreunde bevorzugt“, meinte Siebel.
Um die offenen Fragen zu klären, ist der Magistrat gefordert, die Vorgänge weiter mit dem
Revisionsamt aufzuarbeiten und gegebenenfalls die Vergaberichtlinien zu überarbeiten.
„Herr Depner war bereits zu seiner Zeit als Geschäftsführer von „La Mina“ Mitglied der
Grünen Darmstadt. Eine gewisse Zurückhaltung und Sensibilität bei der Akquise und
Annahme öffentlicher Aufträge sollten sowohl auf Seiten des Auftragnehmers, wie auch des
Auftraggebers an den Tag gelegt werden. Insbesondere der Oberbürgermeister, aber auch
die Fachdezernenten sind jetzt aufgerufen, die Vergaberichtlinien zu überprüfen und
gegebenenfalls zu korrigieren. Dies gilt auch für die Transparenz der städtischen
Unternehmen“, so Siebel abschließend.


