SPD kritisiert „Klientelpolitik für grüne, wohlhabende Milieus“ – Koalitionsvertrag ist reich an vagen Formulierungen und arm an sozialen Ideen für Darmstadt

Christina Fischer

 

Grüne, CDU und Volt haben in dieser Woche ihren Koalitionsvertrag beschlossen. Die SPD hat den Vertrag unter die Lupe genommen und kritisiert die einseitige Fokussierung auf grüne Milieus. 

„Da verhandeln die drei Parteien mehr als doppelt so lange wie angekündigt und das Ergebnis ist vage, unkonkret und undefiniert “, sagen die SPD-Fraktionsvorsitzende Anne Marquardt und der SPD-Parteivorsitzende Tim Huß. „Wir dürfen uns auf 46 Prüfungen und 84 Stärkungen freuen – ohne konkrete Ideen und ohne Finanzierung. Die vagen Ziele stammen fast alle aus dem Wahlprogramm der Grünen. Das ist Klientelpolitik für grüne, wohlhabende Milieus. Die Lebenswirklichkeit einkommensschwacher Familien oder randlicher Stadtteile findet bei der neuen Koalition nicht statt.“ 

Erschreckend dünn ist das Papier in der Bildungspolitik. „Es gibt nicht eine konkrete Vereinbarung zum Schulneubau – dabei erfordert das Bevölkerungswachstum und die steigenden Geburtenzahlen einen massiven Ausbau der Schulen“, so Marquardt und Huß. „Allerdings gibt es einen Schwerpunkt auf Umweltbildung. Damit verabschiedet sich Grün-Schwarz-Volt von einem Bildungsansatz, der die ganzheitliche Entwicklung von Kindern in den Blick nimmt.“ 

Soziale Probleme in den Stadtteilen werden nicht angegangen. „Für die schlechte Gesundheitsversorgung und die Bürgerbeteiligung in den Stadtteilen hat die Stadt kein Konzept, obwohl gute Vorschläge auf dem Tisch liegen“, kritisieren Marquardt und Huß. „Hier zeigt sich, dass die Koalition nur im Zentrum verankert ist. Aber auch dort liegt der Fokus auf wohlhabende Schichten: So beschränkt sich die Armutsbekämpfung auf Obdachlose und Drogensüchtige. Dabei lebt in Darmstadt jedes sechste Kind in Armut – das Problem geht Grün-Schwarz-Volt nicht einmal an.“ 

In der Verkehrspolitik fehlt völlig die „soziale Perspektive“, so Marquardt und Huß. „Der Verkehrsteil ist praktisch das grüne Wahlprogramm. Es gibt keine Angebote für mobilitätseingeschränkte Menschen, eine Idee zur Senkung der ÖPNV-Preise fehlt ebenso. Damit ignoriert die neue Koalition die Bedarfe von einkommensschwachen Schichten und von Menschen, die nicht so gut zu Fuß oder auf dem Rad sind. So wird die Verkehrswende scheitern.“ 

Die Verwaltung erhält im neuen Koalitionsvertrag kein eigenes Kapitel. „Der Bürgerservice steht stark in der Kritik, die eigenen Managementprobleme lassen Grün-Schwarz aber kalt“, sagen Marquardt und Huß. „Den katastrophalen Zuständen der Ausländerbehörde widmet sich eine eineinhalbzeilige Absichtserklärung – wieder ohne konkrete Idee. Das ist unwürdig.“ 

Die SPD sieht den Grund in der Vagheit und dem Fehlen von Themen in den großen inhaltlichen Differenzen der Parteien. „Grün-Volt auf der einen und die CDU auf der anderen Seite sind inhaltlich völlig widersprüchlich“, sagen Marquardt und Huß. „Die Widersprüchlichkeit wurde bisher dadurch aufgelöst, dass die CDU immer eingeknickt ist. Wir bezweifeln, dass die instabile Ein-Stimmen-Mehrheit wirklich fünf Jahre hält.“